25. April 2007
Die ehemals berühmte Bibliothek des Klosters Fulda wird in Teilen wieder zusammengetragen - wenn auch nur in Kopien.
Eine mittelalterliche Klosterbibliothek hat bis vor rund 20 Jahren fast niemanden interessiert. Dann kam das Buch von Umberto Eco „Der Name der Rose“ und der gleichnamige Film mit Sean Connery. In diesem Krimi aus dem Mittelalter spielt die Büchersammlung des Klosters eine wichtige Rolle – und am Ende brennt sie ab. Auch im Kloster Fulda gab es vor 1200 Jahren eine damals berühmte Bibliothek. Im 30jährigen Krieg wurde sie geplündert, und seitdem gibt es diese Bibliothek nicht mehr. Aber seit einigen Jahren versucht ein Forscherkreis, diese verschollene Bibliothek wieder zusammenzutragen, und jetzt sind schon wieder über 70 Handschriften in der Bibliothek des Fuldaer Priesterseminars. Gestern abend wurde sie der Öffentlichkeit vorgeführt.
Beitrag von Christoph Käppeler in hr 4 Nordosthessen am 25. April 2007
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Über 1000 Bücher standen früher mal im Fuldaer Kloster – das war damals eine ganze Menge – denn schließlich war jedes mühsam von Hand geschrieben worden . Über 800 Jahre lang war die Fuldaer Bibliothek europaweit berühmt, so Dr. Regina Pütz, die das Projekt „Bibliotheca Fuldensis“ im Fuldaer Priesterseminar betreut:
“Neben Sankt Gallen und der Reichenau... überhaupt”
Aber das war einmal: 1632, im 30jährigen Krieg, raubten Truppen des Landgrafen Wilhelm dem fünften von Hessen-Kassel die Bücher und brachten sie nach Kassel. Viele wurden einfach zerschnitten, um aus dem Pergament Einbände für Akten zu machen. Andere wurden über ganz Europa verstreut. Es gibt Kataloge von damals, und daher wissen die Forscher, welche Bücher in der Bibliothek getanden haben – vor rund 20 Jahren begann Professor Gangolf Schrimpf, der 2001 starb, Fotokopien dieser Bücher zu sammeln. Regina Pütz:
„70 haben wir jetzt ,wir wissen von 200“
Die Seitenkopien jedes Buches liegen in einem oder mehreren Kartons zusammen – wer sie lesen will, muss Blatt um Blatt herausholen. Mindestens 2000 Euro kosten die Kopien pro Buch. Leicht sind die alten Handschriften nicht zu lesen – die meisten sind in Latein. Es gibt aber auch eine Art deutschen Sprachführer für französische Mönche, die im 9. Jahrhundert durch Bayern reisten – mit einfachen Sätzen im damaligen Althochdeutsch:
„uuer pist Du“ ist ja noch leicht zu verstehen. „Uuana quimis“ hieß: „Woher kommst Du?“ Aber auch das hier war damals deutsch: „dû capiut anti ich tôm“ – das hieß: „Gebiete, und ich tue Deinen Willen“.
Computer gab es vor 1200 Jahren noch nicht – aber: es gab die Computistik – und dieser Wissenschaft waren mehrere Bücher in der Fuldaer Klosterbibliothek gewidmet:
„Es ging um die Berechnung des Ostertermins...diesen Termin zu finden“
Die Bücher, die jetzt als Kopien wieder nach Fulda zurückgekommen sind, sind heute in Bamberg, Einsiedln, Kassel, Oxford, Rostock, Troyes in Frankreich, im Vatikan, in Wien und sogar in Amerika und Sankt Petersburg. Früher mußte ein Forscher, der lesen wollte, was Fuldaer Mönche vor 1200 Jahren lasen, weit herumreisen – jetzt hat er wieder vieles in Fuldas selbst beisammen. Das ging nur mit großherzigen Spenden – als nächstes sollen die unvollständigen Texte, also Fragmente, zusammengetragen werden, die es noch aus der Fuldaer Klosterbibliothek gibt – Auch dafür hofft der Förderkreis der Theologischen Fakultät in Fulda wieder auf Menschen, die bereit sind, dazu ein wenig finanziell beizutragen.
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© 2007 Christoph Käppeler
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