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AIDS gibt es auch in der Provinz

1. Dezember 2000

Zum Welt-AIDS-Tag am 1. Dezember

AIDS: Die tödliche Immunschwächekrankheit ist nicht mehr ganz so in den Schlagzeilen wie früher. Viele scheinen sogar zu denken, daß das Problem langsam gelöst wird. Schließlich gibt es mittlerweile Medikamente, die vielen HIV-Positiven neue Lebensperspektiven eröffnet haben. Nur in Afrika, weit weg von uns, sind große Teile der Bevölkerung mit dem HIV-Virus infiziert. Die Zahl von AIDS-Patienten nimmt aber auch im Rhein-Main-Gebiet zu. Und auch in der „Provinz“ ist AIDS präsent, auch wenn die meisten Menschen das dort nicht wahrnehmen. Wie es in Fulda aussieht, und ob die Menschen dort mittlerweile aufgeschlossener der immer noch unheilbaren Immunschwächekrankheit gegenüber sind:

Beitrag von Christoph Käppeler in hr4 “Osthessen am Mittag” am 1. Dezember 2000

Beitrag als mp3-Datei

Seit 10 Jahren ist der Fuldaer, der aus dem Libanon stammt, HIV-positiv. Seine Partnerin, bei der er sich angesteckt hat, ist vor 4 Jahren gestorben. Er macht in einer neuen Selbsthilfegruppe der AIDS-Hilfe mit und sieht einen positiven Wandel bei den Fuldaern:

(„Früher gucken die ...Leute ganz anderer Art“)

Hundert bis hundertzwanzig HIV-Positive oder AIDS-Kranke gibt es in Osthessen, schätzt die AIDS-Hilfe Fulda. Eine spezialisierte Praxis in Fulda hat 36 AIDS-Patienten. Immer noch aber fürchten viele Ärzte den Kontakt mit „Positiven“. Erfahrungen einer Frau, die seit 15 Jahren Positiv ist, mit Zahnärzten - sie will selbst kein Statement vor dem Mikro abgeben:

    Zitat: („Wenn man sich gleich outet, dann ist es wie vor 15 Jahren so: Die Klappe geht gleich runter – also es ist nicht so, daß man wie jeder normale Mensch behandelt wird, sondern eben als letzter dran kommt oder gleich an eine Klinik verwiesen wird.“)

Sie wohnt in einem kleinen Dorf bei Fulda.

    („Mein Sohn wird halt älter, und er weiß es auch. Er hat halt Freundinnen. Und denen sagt es es dann auch nach einer gewissen Zeit. Und das ist dann auch immer so eine Gratwanderung. Weil, die kommen halt aus dem Dorf, und er überlegt sich auch ganz genau, wem er es sagt. Und ich glaub, da hat sich nicht viel geändert dran bei der Einstellung der Leute vor allem in den Dörfern so“)

Schon lange ist keiner der bei der AIDS-Hilfe Fulda bekannten Kranken mehr gestorben – dank der stark verbesserten Medikamente. Das hat unerwartete Folgen:

Die Landesversicherungsanstalt in Fulda hat es jetzt erstmals abgelehnt, einem Fuldaer Betroffenen eine Rente zu zahlen – der Arzt hat ihm sogar bescheinigt, arbeiten zu können. Hans-Jürgen Wolff von der AIDS-Hilfe Fulda:

(„Wir haben den Eindruck...brisant, diese Situation“)

Über 50 Prozent der AIDS-Infizierten sind nach wie vor Homosexuelle. Seit einer Woche ziehen freiwillige Mitarbeiter der AIDS-Hilfe durch die Fuldaer Kneipen und verteilen rote Herz-Luftballons gegen eine Spende. Motto: „Die Provinz zeigt Herz“, denn, so Hans-Jürgen Wolff – manch einer in Fulda und Umgebung scheint immer noch zu denken, daß es HIV und AIDS hier gar nicht gibt. Aber: Auch wenn es wesentlicher weniger Betroffene gibt als in den Metropolen, so sei AIDS halt auch in Fulda/Vogelsberg/Bad Hersfeld/Schlüchtern ein Problem. Eine regionale Firma hat bereits Herz gezeigt: Ein Mineralwasserhersteller aus Weyhers in der Rhön hat der AIDS-Hilfe Fulda für ihre Aktion Sachpreise spendiert.

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© 2000 Christoph Käppeler

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